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Album der Woche – Christian Thielemann dirigiert Wagners "Rheingold" (DVD)

Wotans Wallhall als Wissenschaftsinstitut zur labortechnischen Verhaltensforschung? Keine Angst: Was Dmitri Tcherniakov in seinem Berliner "Ring" auf die Bühne der Staatsoper zaubert, ist alles andere als akademische Langeweile! Szenisch fulminant, fantastisch besetzt und von der Berliner Staatskapelle unter Christian Thielemann zum absoluten Wagner-Ereignis gemacht, sollte man sich diese "Rheingold"-DVD als Auftakt zur Tetralogie nicht entgehen lassen!

DVD-Cover: Wagners "Rheingold" mit Christian Thielemann aus der Staatsoer unter den Linden Berlin | Bildquelle: s

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Der CD-Tipp zum Anhören

Zum Ring geschmiedet von dem, der der Liebe entsagt, verleiht es endlose Macht: das mythische Rheingold schimmert eigentlich nur musikalisch, denn in Dmitri Tcherniakovs Berliner "Ring"-Inszenierung gibt es weder Gold, noch schillernde Nixen. Der arme Alberich sitzt komplett verkabelt in einem hochtechnisierten "Stress-Labor", umgeben von den schicken Tagungsräumen des Forschungsinstituts E.S.C.H.E. – die offenbar namengebende Weltesche begrünt immerhin ein Atrium. Das Ganze ist wohl das nagelneue Walhall, in dem die führende Kaste der Lichtalben Versuche mit minder göttlichen Wesen anstellt. Die "Rheintöchter" sind weißbekittelte Assistentinnen, Alberich erhält die erwünschten Bilder über seine VR-Brille. Doch das Experiment läuft aus dem Ruder: Als er von der Macht des Goldes erfährt, zerschlägt Alberich das Labor und eilt samt Monitor davon.

Magie ist Fehlanzeige

Gleichzeitig nahen die Riesen, die als geschäftstüchtige Bauunternehmer den Preis für die Götterburg einfordern. Wotan muss notgedrungen per Aufzug ein paar Stockwerke nach unten fahren, um in Nibelheim nach dem nötigen Kapital Ausschau zu halten. Magie ist auch hier Fehlanzeige: Alberichs Tarnkappe ist nur die geklaute Sondenhaube aus dem Labor, sie ist genauso wirkungslos wie der Ring. Ihre Zauberkräfte bildet sich der Nachtalbe nur ein, ganz konkret treibt er die Nibelungen mit dem Schlagstock an.

Kurz und bündig

Diese DVD wird lieben, wer ...
... neugierig ist auf intelligente Wagner-Interpretation durch herausragende Sängerdarsteller! 

Diese DVD ist ein Hörgenuss, weil ...
... hier kein Sänger verzweifelt gegen Wagners blechgepanzertes Orchester anbrüllen muss: Thielemann schafft ein Wunder an Klangdifferenzierung!

Diese DVD führt bei Überdosis ...
... unweigerlich zum Wunsch nach Fortsetzung: nur zu, die Walküre aus dem Berliner Zyklus ist bereits erschienen!

Umwerfend präzise Personenregie

Natürlich werden auch keine Goldbarren von A nach B geschleppt, die Finanztransaktionen laufen längst bargeldlos ab. In Tcherniakovs Welt sind Hort und Ring glaubhafte Metaphern für exponentiell wachsendes Machtbewusstsein, wenn Skrupel vor Gewalt und Missbrauch heruntergefahren werden. Die Personenregie ist umwerfend präzise, was auch an den hervorragenden Sängerdarstellern liegt: Allen voran Johannes Martin Kränzle als wahnhafter Alberich, Michael Volle als stimmlich strahlender, politisch bedenklicher Wotan und der zuletzt mehr als Regisseur, Autor und Moderator aufgefallene Rolando Villazón als sarkastisch-intelligenter Loge: Dieser wendige Feuergott ist der unabhängige Strippenzieher, dem das dümmlich-glamouröse Göttergeschlecht reichlich auf den Wecker geht….

Sängerfreundlich dosierte Klanggewalten

Das eigentliche Gold aber liegt im Orchestergraben: Verblüffend, wie sängerfreundlich die Berliner Staatskapelle unter Christian Thielemann Wagners Klanggewalten dosiert. Mal duftig, transparent und lyrisch aufblühend, mal prachtvoll auftrumpfend, bietet der Sound hier einen Gestaltungsreichtum, in dem selbst Wagnerianer vieles neu entdecken können. Ob Tcherniakovs interessanter Ansatz über vier Abende trägt, wird man sehen – musikalisch kann man schon jetzt von einem Volltreffer sprechen!

Infos zur DVD

Richard Wagner:
"Das Rheingold"


Michael Volle, Rolando Villazon, Lauri Vasar, Siyabonga Maqungo, Johannes Martin Kränzle, Claudia Mahnke, Mika Kares, Stephan Rügamer, Peter Rose

Staatskapelle Berlin
Leitung: Christian Thielemann

Eine Produktion der Staatsoper Unter den Linden
Regie: Dmitri Tcherniakov

Label: Unitel Edition

Sendung: "Piazza" am 18. Mai 2024 ab 8.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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